Lobpreisungen auf die Vorteile der heimlichen Ausspähung von Privat-PCs sowie der 6-monatigen Speicherung aller elektronischen Telekommunikationsdaten, folgt jetzt ein regelrechter Sturm von Problemen - angefangen bei den ISPs, die einem Abhören der Leitung von ihren Knotenpunkten aus nicht zustimmen wollen, bis hin zum EU-Ausschuss, der sich (welch Ironie) mit den Problemen der Vorratsdatenspeicherung auseinandersetzen soll.
Auf der politischen Spielfläche werden oftmals sehr dubiose, um nicht zu sagen weltfremde Ideen entworfen, deren Nachteil mitunter größer sein mag, als deren Vorteil. Eine solche 'Bastardentwicklung' mag mit Sicherheit die heiß umkämpfte und sich nun in der Endphase befindliche 'Onlinedurchsuchung' sein, welche das Ausspähen von PCs ermöglichen soll. Innenminister Schäuble und Justizministerin Zypries sind zu der Einigung gekommen, das ein Zutritt zur Wohnung der jeweilig Verdächtigen Person unzulässig ist, um dort die PC-Anlagen für eine heimliche Online-Überwachung zu präparieren. Sinnvollerweise wurde jetzt ein neuer Anhaltspunkt gesucht und - wie sollte es anders sein - gefunden. Die Provider sollen nun für die zweifelhaften Machenschaften der Bundesregierung den Kopf hinhalten, indem sie den jeweiligen staatlichen Behörden die Möglichkeit geben, den Daten- und Telekommunikationsverkehr direkt bei ihnen abzufangen und zu beurteilen. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) ist über diese Idee nicht nur erbost, man könnte fast sagen, er kocht vor Wut.
"Wird der Provider eines Verdächtigen derart 'durchsucht', hat er einen erheblichen Image-Schaden zu befürchten. Und das zu Recht. Es wäre leichtfertig und verantwortungslos, dies für die angeblich nur zehn geplanten Onlinedurchsuchungen im Jahr aufs Spiel zu setzen."
Eine unmissverständliche Ansage seitens des Eco-Chefs Prof. Michael Rotert. Er betonte mehrmals wie wichtig Sicherheit und Vertrauen bei der Nutzung solcher Dienste wären, nicht allein für den wirtschaftlichen Erfolg der Branche, sondern ebenso für Geschäftskunden, die mitunter sensible Daten versenden. Sollten Informationen über Dritte die bei einer solchen Untersuchung zufälligerweise mit aufgezeichnet würden (Stichwort: Fehler), so wäre bei einer Bekanntmachung selbiger der Ruf des ISPs nicht zu retten.
Das die Bundesregierung dies nicht interessiert, da diese scheinbar nach dem Prinzip 'Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert' vorgehen, dürfte wenig verwunderlich sein.
Einen ähnlichen Klotz hat sich nun auch die EU aufgehalst. Diese hat eine Expertengruppe eingesetzt, welche Schwierigkeiten der Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung untersuchen soll. Scheinbar gehört es zum politischen Standard, erst utopische Pläne und deren Verwirklichung in die Welt zu setzen, und erst im nachhinein über deren Probleme nachzudenken. Weitere Aufgabe der Experten wird es unter anderem sein herauszufinden, ob die Richtlinie in der momentanen Form sinnvoll ist, und nicht nachträglich noch abgeändert werden soll. Einen finalen Abschlussbericht wird es im September 2010 geben, den zu diesem Zeitpunkt ist das Ende der Untersuchung angesetzt. Reichlich spät für ein Vorhaben diesen Ausmaßes.
Im gesamten betrachtet also abermals ein Meisterwerk politischer Inkompetenz. Man entwirft einige Richtlinien und Gesetze, weil man sie für notwendig und sinnvoll erachtet (bei nächtlichen Träumen scheinbar), sobald diese halbwegs in die Welt gesetzt wurden, erkennt man dass diese eventuell doch nicht so optimal wie geplant funktionieren und versucht dann mithilfe ebenso sinnloser Ideen die neuen Probleme in den Griff zu bekommen. Die Onlinedurchsuchung wie die Vorratsdatenspeicherung wurden von tausenden Bärgern bekämpft und für nicht erstrebenswert erkannt. Das Bundesverfassungsgericht erließ eine Einstweilige Verfügung gegen die VDS, nicht zuletzt aufgrund von 34.000 Vollmachten die gegen selbige eingereicht wurden. Die EU muss nun eine Expertengruppe auf die Vorratsdatenspeicherung hetzen, um deren Sinnlosigkeit zu entdecken. (Bericht: Firebird77)
Quelle: Gulli